28. März 2020
ZWANGSPAUSE -
Wer hat Angst vor Langeweile? Ich nicht!
von Daniele Ludewig
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Heute Morgen ist es zum wiederholten Mal ein schöner Tagesbeginn: Die Sonne scheint, der Himmel ist strahlend blau, es ist sehr ruhig draußen, nur vereinzelt weint mal ein Baby oder ein Auto wird gestartet. Zum Kaffee las ich ein paar Seiten aus einem interessanten Buch. Ich hatte das Küchenfenster offen und hörte den Wind rauschen, der irgendwie anders klang – mystischer und beruhigender. Ich kann es gar nicht richtig beschreiben. Vielleicht weil die Stille so anders ist, weil sie nicht nur daher kommt, daß es früh morgens ist, sondern weil alle daheim sind und man die verordnete Zwangspause spürt.
Normalerweise beschweren sich immer alle, sie hätten zu wenig Zeit für sich und wären auch gern mehr zuhause. Jetzt, wo das so ist, haben angeblich alle damit ein Problem, daß sie nicht raus dürfen. Angeblich deswegen, weil weder in den Nachrichten über massive Beschwerden der Bevölkerung berichtet wird, noch kenne ich jemanden, den das „Zuhause bleiben“ massiv stören würde. Die einen sind pragmatisch und sehen eben ein, daß das jetzt mal so sein muß, und die anderen erkennen den positiven Nutzen für sich selbst. So wie ich!
Endlich kann ich Dinge machen, die schon lange herum lagen: Bücher lesen, regelmäßig essen und selber kochen – nix da Autobahnessen oder nur ein belegtes Brötchen auf die Hand – Frühjahrsputz erledigen, Kleiderschrank durchforsten und aussortieren, täglich Gymnastik machen, den Energieanbieter wechseln, weil der zu teuer geworden ist, Artikel wie diesen schreiben und, und, und ... Mir war noch nicht ein einziges Mal langweilig seit der Ausgangsbeschränkung vom 17. März.
Und das Beste: Man muß kein schlechtes Gewissen haben, denn man verpaßt draußen nichts, es ist ja nichts los. Keine Hektik, kein Autolärm, wenig Verkehr auf den Straßen – da macht die Fahrt zum Supermarkt wieder Spaß – und kein Konsumzwang. Außer bei Nudeln, Mehl und Klopapier, das scheint aktuell begehrenswerter denn je zu sein und muß sich bei besonders Habgierigen mittlerweile bis unter die Wohnzimmerdecke stapeln. Ansonsten nichts als Ruhe und Gelassenheit. Bei mir stellt sich allmählich eine Tiefenentspannung ein, die ich nicht einmal während meiner Urlaube erreicht habe.
Es gibt einem die Gelegenheit einmal über sich nachzudenken – für so manchen wahrscheinlich eine Katastrophe. Passt alles in meinem Leben? Bin ich zufrieden? Was will ich ändern? Vielleicht ist der Typ da auf der Coach, der mit fünfunddreißig immer noch Playstation spielt, nicht der Richtige für eine Familienplanung? Will ich beruflich was anderes machen? Bei Entspannungsratgebern nennt sich das „Achtsamkeit“ und „in sich hören“. Das hat allerdings immer so einen esoterischen Beigeschmack. Grundsätzlich aber eine tolle Sache, man darf nur keine Angst davor haben, was einem da unter Umständen alles klar wird. Mir ist etwas klar geworden:
Ich habe einen Traum,
